Horstlager ,,Baustelle”

„Oh neeiiiiiin!!! Der Bauplan wurde geschreddert!“…Ja da hat die Sekretärin des Architekten doch tatsächlich das FAX-Gerät mit dem Aktenschredder verwechselt ( man muss zugeben die beiden Schuhkartons sahen auch ziemlich gleich aus…außer, dass der eine scharfe Zähne hatte…), und das ausgerechnet live vor unserem gesamten versammelten Pfadi-Baustellentrupp, also im Anfangskreis unseres Horstlagers 2023.
Dafür sind nicht nur Pfadfinderinnen…nein Bauarbeiterinnen vom Stamm Seeadler und Stamm Goldene Horde angerückt, sondern sogar ein paar wandernde Gesellinnen aus Leipzig und A*– weit-weg-Stadt. Es brauchte nämlich so viele Arbeitskräfte wie möglich, schließlich sollte ein Haus gebaut werden. Unser Landheim in Schweinbach wurde dafür mit Dixi-Schildern an den Toiletten, Verkehrshütchen, Baustellenradio, Absperrband und vielen Warnhinweisen in eine Baustelle verwandelt, sodass es quasi losgehen konnte. Der Architekt war zufrieden, der Bauplan war fertig und musste nur noch per FAX zum Bauamt. Nun ja und dann war es passiert! Der gesamte Bautrupp schaute zu, wie aus dem fertigen Plan sehr schnell sehr dünne und lange Papierstreifen wurden. Die Menge war sprachlos und der Architekt tobte als sich herausgestellt hatte, dass es keine Kopie gab. Der Mann mit Anzug und verspiegelter Brille schrie, dass, wenn der Plan nicht Montag früh beim Bauamt läge, es kein Haus gäbe und somit kein Geld für irgendwen. Dann verschwand er hinter dem Haus( man sagt er fuhr in einem SUV davon, oder er hatte einen Hubschrauber). Das bedeutete, dass es nun an uns lag die Sache übers Wochenende in Ordnung zu bringen und den Bauplan zu rekonstruieren. Können wir das schaffen? Das Chaos brach allerdings noch im Anfangskreis aus. Die Leiterinnen, die unter anderem als Malerinnen, Zimmerleute, Vorarbeiter und Statikerinnen sehr verschiedene Interessen vertraten, begannen wild durcheinanderzuschreien und die wildesten Theorien aufzustellen, wie das Haus ausgesehen hatte. Die Sekretärin versuchte verzweifelt mitzuzeichnen, während die Kinder nur ein bisschen verwirrt zuschauten. Irgendwann hatten sich zwei Fronten gebildet, die darauf brannten, den Streit, ob das Haus nun aus Holz oder Beton gewesen sei, auszufechten. Das passierte auch noch in der selben Nacht und zwar beim Baumaschinen-Stratego Nachtgeländespiel. „Ich wurde von einer Rüttelplatte gefangen und du so?“ und „Ich bin die Abrissbirneeee!“ sind Sätze die ich auch noch nie bei einem Geländespiel gehört habe. Ein paar schweißüberströmte Wölflinge waren anschließend aber der Beweis, dass es ein erfolgreiches Spiel war. Was aber nicht so erfolgreich war, stellte sich am nächsten Morgen heraus, war die Einigung über den Bauplan. Zuerst wurde also entschieden, dass von nun an alle zusammen arbeiten müssten. Dann kam aber schon das nächste Problem. Uns viel auf, dass unsere Kinder alle gar keine Handwerksausbildung hatten. Zum Glück hatten aber alle Gewerbe eine Schnellausbildung parat, die die Kinder im Postenlauf durchlaufen konnten. Der Elektriker (man sagt, er sah dem Architekten zum verwechseln ähnlich but you never know) brachte seinen Lehrlingen die Grundzüge des Stromkreises bei und, dass Zitronen und Kartoffeln das wichtigste Werkzeug des Elektrikers sind. Bei den Malerinnen konnte man keine Wände anstreichen, aber dafür lernen wie man T-Shirts streicht, also siebdruckt, denn jeder Bauarbeiter weiß: Engelbert-Strauss Outfit ist cool aber der neu entstandene Horst-Merch ist am coolsten. In der Zimmerei konnte man das Nageln lernen, und genagelt wurden Bilder von Seeadlern und Wölfen. Außerdem wurde anhand eines Pakours der korrekte Umgang mit einer Schubkarre gelernt und mit „Power of Tower“ und „Jenga“ die Wichtigkeit des Berufs der Statikerinnen.
Nach der Mittagspause, kein Leberkäs, dafür Burger, mussten dann alle ihre neuen Talente unter Beweis stellen und bei einem zweiten Geländespiel Schrauben für den Bau ihres gemeinsamen Gesellenstücks, nämlich neue Vogelhäuser für Schweinbach, erspielen. Das hat geklappt und die Häuschen sind nun bereit im Frühjahr bezogen zu werden ( falls du ein mietinteressierter Vogel bist, melde dich hier : https://pfadfinderlandheim-schweinbach.de/buchen/ ; falls du ein Mensch bist kannst du dich auch gerne melden und Haus oder Zeltplatz buchen).
Jeder Tag auf der Baustelle geht einmal zu Ende und dann kommt der Feierabend. Und der wurde bei uns wirklich gefeiert. Wir haben alle für eine Weile unsere Identitäten als Bauarbeiter*innen abgelegt und haben ganz und gar das Pfadi-Sein genossen. Und wie geht das besser als mit Halstuchverleihung und Singeabend? Die Verleihung war rührend, und diesmal gab es nicht nur neue Halstücher, sondern auch eine neue Sippe. Die durften dann ihre erste gemeinsame Nacht in der Holzkothe feiern, während der Rest im Haus gesungen und Tschai getrunken hat („Ich will nicht den roten Wein im Becher, sondern den normalen“ – ein, durch das gesungen Lied verwirrter, Wölfling). Während die Wölflinge doch schnell durch die Müdigkeit besiegt wurden („Ich bin gar nicht müde, ich bin gesund!“…) haben die RR’s wie oft bis tief in die Nacht durchgehalten.
Am Sonntag gab es zum Frühstück roten, gelben und grünen Grießbrei. Das hat allerdings niemanden mehr gewundert, denn es war schon bekannt, dass das Küchenteam sich für eine Bauampel hielt und gern Essen in dreierlei Farben servierte. Auch an die schrägen, aber thematischen passenden Essensbezeichnungen hatten sich schon alle gewöhnt und sogar Bauschutt (Kaiserschmarrn) und Motoröl ( Tee mit Apfelsaft) wurden freudig verputzt. Nach dem Frühstück fiel uns aber plötzlich ein, dass wir vergessen hatten, den Bauplan fertig zu machen und wir konnten den SUV des Architekten schon hören. So musste also jeder den Stift ergreifen und sein wichtigstes Element zum großen Plan hinzufügen. Niemanden hat es gewundert, dass sowohl Architekt als auch Bauamt hocherfreut waren und uns doppelte Gelder zusagten. Denn das Haus auf dem Plan hatte schließlich Rutsche, Pool, Katze, Babykatze (vielleicht war es auch ein Hund), Hainbuche im Garten, Baumhaus, Hängematte und Industriespülmaschine (!). Sollten wir mal ein neues Pfadiheim bauen, werden wir diesen Bauplan auf jeden Fall wieder rausholen!
Anschließend war es leider auch schon wieder Zeit, die Baustelle zu räumen. Zum Glück können wir putzen so gut wie Handwerken und vor dem Abschlusskreis haben wir noch ein tolles Gruppenfoto gemacht (Man beachte die coolen Shirts!). Und um zum Abschluss noch eine offene Frage zu beantworten: Jo, wir haben das geschafft!